Kurzgeschichte

Aufgebracht schritt er in der Stille hin und her. Doch es blieb ihm nichts anderes als zu warten und zu hoffen.

So zum Beispiel beginnt eine Kurzgeschichte: unvermittelt, sofort, hereinbrechend. Der Leser weiss zu Beginn nicht, wo er sich befindet, durch wessen Augen er sieht, was im nächsten Moment geschehen könnte. Er weiss nur, dass Veränderungen sich nicht telefonisch anmelden und dass sie die Tür einzutreten pflegen. Genau dies wird auch in dieser Kurzgeschichte der Fall sein.

Kurzgeschichten sind subjektiv erzählt, das heisst, gewöhnlich werden sie aus der Perspektive eines Protagonisten geschildert, sei es in der ersten oder in der dritten Person. So werden selten objektive Eindrücke mitgeteilt, aber auch keine Ereignisse dargestellt, solange sie nicht in Sichtweite sind. Aus diesem Grund spürt zwar unser Hauptdarsteller, dass Gefahr droht, doch kann er die knapp über seinem Haus abgeworfenen Bomben nicht sehen.

Der Erzählstil einer Kurzgeschichte ist immer sehr knapp gehalten. Erläuternde Kommentare des Erzählers sind weggelassen, der Leser muss sich die Aussage selbst erschliessen. Aus genau diesem Grund wird hier nirgendwo erwähnt werden, weshalb dieser Text eigentlich kommentiert ist.

Ein einfacher Satzbau, kurze Sätze und wenig Nebensätze garantieren ein einfaches Verständnis des Offensichtlichen. Die Sprache ist oft die Alltagssprache des Protagonisten und somit nicht die ausgeschmückte Sprache des Dichters. Da unsere Geschichte jedoch erst zwei Sätze dauert, ist dies noch nicht genau festzulegen.

In Kurzgeschichten wird die häufig direkte Rede eingesetzt. Konversationen sind ein beliebtes Mittel, um wichtige Charakterzüge einer Person zu zeichnen, aber auch um die Geschichte voranzutreiben. Ebenso wichtig wie das Gesagte ist allerdings auch das nie Ausgesprochene. Nicht Gesagtes hat auch seine Bedeutung. So ist es keineswegs unbedeutend, dass unsere Hauptperson schweigt.

Viele Dinge werden nur angedeutet, andere ganz weggelassen, obwohl sie eine gewisse Wichtigkeit besässen. Dies bietet dem Leser an, selbst zu interpretieren, zu sehen, was nicht im Text steht. Dies an einem Text zu belegen ist jedoch keineswegs einfach, da entsprechende Passagen sehr oft weggelassen werden.

Als Handlung bieten sich entweder eine spannende Begebenheit oder ein besonderes Ereignis mit Folgen an. In unserem Fall hat sich zwar auch ein wenig Spannung aufgebaut, es sind jedoch mehr die Folgen, welche die Leserschaft interessieren würden. Solche Folgen können unerwartete Auswirkungen haben, wenn das Ereignis auch noch so unbedeutend ist. Besondere, nicht erwähnte Umstände können schreckliche Folgen geradezu provozieren. So könnten wir uns zur Zeit im Bagdad des Jahres 1998 aufhalten, und die Bomben könnten von einem amerikanischen Flugzeug auf eine naheliegende potentielle Chemiefabrik abgefeuert worden sein.

Der Schluss einer Kurzgeschichte bleibt häufig offen. Entscheidungen sind nicht gefällt worden, Lösungen bleiben unentdeckt, Bewertungen unausgesprochen. Die Bomben könnten in der Luft hängen bleiben, und jeder könnte sich selbst ausdenken, was geschähe, wenn sie das Haus eines Unschuldigen träfen. Die Politik hätte sicherlich einige interessante Möglichkeiten bereit. Oder sie könnten die Fabrik treffen, womit noch einmal alles gut ausgegangen wäre. Auch für diesen Fall wäre die Politik bestens gewappnet. Oder...

Im selben Moment umhüllte ihn gleissendes Feuer.

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