Stars, bright shining in the dark
Eternity, endless frontier
Loneliness, pure and bitter
Reaching people on earth.
Wie ein verirrter Lichtstrahl in absoluter Dunkelheit strebte das Aufklärungsschiff Magellan durch den Weltraum. Der Antrieb ächzte und keuchte, um den kleinen Raumer nur schnell an sein Ziel zu bringen. An der Hülle pochten und prickelten interstellare Materieklumpen. Im Innern des Schiffchens schnarchten und stöhnten die zwölf Besatzungsmitglieder.
Um sie herum herrschte Leere, nackte und eisige Leere. Das Nichts eine Handbreit entfernt. Erst in der Dunkelheit konnte man in der blossen Ewigkeit einige Sonnen glänzen sehen. Doch alle waren so weit entfernt, dass man fürchten musste, in einen bodenlosen Abgrund zu fallen, sah man nur am Rumpf entlang hinunter. Schwach flackerte am Heck das ewige Feuer der Triebwerke, züngelte knapp in den Raum hinaus, nur um dort wie in einer Wasserlache zu ersticken.
Der Pilot hatte es sich mit einer Wolldecke in seinem Sessel bequem gemacht, starrte in fortwährendem Halbschlaf schwarze Löcher ins Nichts. Ein Astrophysiker schlief, umtanzt von einem Stapel von Berechnungen wie von einem Mückenschwarm. Der Koch hatte sich neben den Rationen festgebunden. Die übrigen Männer und Frauen hatten sich in ihre warmen Kojen verkrochen.
Das letzte Wort war vor langer Zeit schon gesprochen, die letzte Geste vollendet und die letzte Bewegung abgeschlossen worden. Vor über drei Jahren waren sie aufgebrochen, in tiefster Überzeugung, es gebe Leben ausserhalb ihres eigenen Sonnensystems. Noch hatten sie ihre Hoffnung nicht aufgegeben, doch der Weg war steiniger als befürchtet.
Das Schiff schien sanft zu schaukeln, auf Wellen zu tanzen. Wind schien Segel zu wölben, Gischt über Bord zu wehen. Holz knarrte entfernt, Salzgeruch hing in der Luft. Im Dunkel rief jemand mit erhobener Stimme, um nur ja die Böen zu übertönen. Ein Sonnenstrahl stach aus dem Nichts, verschwand wieder, als hätte es ihn nie gegeben. Der Bug hob und senkte sich im Rhythmus einer lautlosen Trommel. Wasser schwappte über Bord, versickerte zwischen morschen Brettern.
Grau türmten sich die Wolken über ihnen, in klarem Weiss schien der Mond. Der Polarstern wies den einsamen Reisenden den Weg. Die Stimmen näherten sich, Körper formten sich um sie herum. Die sanften Kurven der vollen Segel prägten den Himmel. Der Bug brach nach unten weg, die Besatzung wurde über Deck geschleudert.
Ein Schleier lüftete sich, Gestirne erstreckten sich über ihnen, Seeleute scharten sich um sie. So weit das Auge blickte, sah es nur schäumendes Meer. Es war heller, als der Weltraum es je sein konnte, doch die sanfte Reise war vorüber. Unruhig taumelte der Rumpf des Schiffes in den Wogen, wollte sich nicht bezähmen lassen.
Hoch auf dem Deck stand ein stolzer Kapitän, in prunkhafter Uniform und den Blick starr in die Ferne schweifend. "Colón" nannten sie ihn, "Cristóbal". Sie fühlten sich ihm verwandt, er war einer der Ihren, war es zumindest gewesen. Auch er hatte das Unmögliche geglaubt, hatte gewagt, was kein anderer unternehmen wollte.
Sie waren sicherlich schon lange auf See, Tage, Wochen vielleicht. Würden sie erreichen, was niemand auch nur erahnen konnte? Das Meer toste laut, der Wind zerzauste das gekämmte Haar, das Wasser nässte ungewaschene Kleider. Vor ihnen eröffnete sich eine kleine Unendlichkeit; unendlich viele Möglichkeiten, Unbekanntes und nie zuvor Dagewesenes.
Seeleute hasteten um sie herum, manche in Uniform, andere in verschwitzten Gewändern. In der Ferne prangten die Positionslichter der Schwesterschiffe. Dahinter huschten erste Lichtstrahlen über den Horizont. Eine violett schimmernde Schicht legte sich entlang der Erdkrümmung. Schnell wurde sie heller und intensiver. Rot, orange, gelb, schliesslich strahlend weiss.
Grelles Weiss blendete sie. Ein neues Universum fand seinen Anfang, weiss, nicht schwarz. Der Wind pfiff und toste noch immer, doch das Schiff wurde ruhiger, die Wellenbewegungen nahmen ab. Sie traten eng zusammen, um sich abzuschirmen. Schwarze Punkte tanzten vor ihren Augen über das perfekte Weiss. Der Boden bewegte sich nicht mehr. Es wurde kalt, eisig kalt.
Frierend und zitternd wandten sie sich um. Ihre Augen brannten, ihre Zähne klapperten. Der Sturm verlor an Intensität. Vor ihnen staken vier Stoffzelte im Boden. Kein Mensch war zu sehen. Niemand. Sie standen im Nichts, schlotternd vor Zelten, einsame Reisende, verloren auf ewig.
"Åmundsøn", schrie eine Stimme aus den Zelten. Ein bärtiger Kopf stiess aus dem Weiss hervor, gefolgt von fellüberzogenen breiten Schultern. Tiefe Furchen durchzogen sein braungebranntes Gesicht. Noch einer, einer der Ihren. Doch je weiter sie kamen, desto weniger glichen sie ihnen.
Einige wenige vermummte Männer schossen aus den Zelten, verstauten dieselben auf ihren Schlitten und waren schon kurz darauf hinter den Horizont entschwunden. Zu Eis erstarrt blieben sie zurück. Das Weiss entfernte sich, weiter und weiter wurde die Distanz. Eine letzte Böe erfasste sie, wirbelte sie herum. Dunkle Risse und zackige Spalten öffneten sich im Boden. Wie bei zerschlagenem Glas breiteten sie sich überall hin aus, bis die weisse Kugel in Splitter zersprang.
Strahlen aus schwarzem Schwarz frassen sich durch die Löcher, breiteten sich aus und umfassten sie aufs neue. In der Ferne gleissten sanft die entfliegenden Splitter.
Als sie nach unten sahen, bemerkten sie, dass sie fielen.
Am 3. Juni 2298 wurde der Aufklärer Magellan als überfällig gemeldet. Zwei Wochen darauf hatte man jegliche Hoffnung aufgegeben...